Visarte Bern reagiert auf die neue Kulturbotschaft des Gemeinderats
Kulturbotschaft des Gemeinderats-2024-2027
Stellungnahme der Visarte Bern zu Kulturstrategie 2024 – 2027 der Gemeinde Bern
Als Berufsverband der visuellen Künste nehmen wir zur vorliegenden Kulturstrategie 2024 – 2027 wie folgt Stellung:
Wir begrüssen es, dass der Gemeinderat eine diverse, nachhaltige, soziale und ökologische Kulturlandschaft fördern will. Dabei erachten wir die Chancengleichheit als grundlegend wichtig, um insbesondere die Zielvorgabe der Diversität erreichen zu können. Divers hier im Sinne von Kulturschaffenden, die mit unterschiedlichsten Hintergründen spannende Projekte entwickeln.
Unbestritten und begrüssenswert sind für uns, dass bei der sozialen Nachhaltigkeit in Projekten Honorare und Sozialabgaben enthalten sein müssen. Diese Vorgabe finden wir unumgänglich und lange fällig und begrüssen diese Verbesserung deshalb sehr. Auch finden wir geförderte Dienstleistungsprojekte oder Netzwerke für Kulturmanagement sehr begrüssenswert. Gerade in der bildenden Kunst ist diese Vernetzung nicht so ausgebildet wie z.B. bei den darstellenden Künsten.
Leider wurde unserer Meinung nach in den erwähnten «Zukunftslabors» nicht die erwartete vertiefte Meinung der Basis zu einer möglichen Kulturstrategie abgeholt. Es war eher eine informative Veranstaltung, die uns ratlos zurückliess. Es konnten keine Prozesse entstehen, und damit auch keine Vertiefung der Themen. Die vorliegende Kulturstrategie widerspricht sich, unserer Meinung nach, in etlichen Punkten und ist fern der Praxis.
Zum Querschnittsthema Nachhaltigkeit und die damit verbundene Bündelung von geförderten Projekten, um Nachhaltigkeit und auch Qualität zu sichern, können wir nachvollziehen, müssen jedoch darauf aufmerksam machen, dass das zur Folge hat, dass abgewiesene Projekte dann auch vom Kanton und von der Burgergemeinde und von Stiftungen keine Gelder erhalten. Die Gate- Keeper-Funktion, die die Stadt Bern mit Zusprüchen oder Absagen von Fördermitteln innehat, wäre in der Förderlandschaft von Stadt und Kanton Bern grundsätzlich neu zu verhandeln.
Diversität in der Kulturförderung: Der neue Kredit Projekt- und Programmförderung:
Die vorgeschlagene Zusammenführung der Sparten Musik, Kunst, Literatur und Theater/Tanz, den Kredit Film den Kredit weitere Beiträge sowie den Kredit Infrastrukturen der Altstadt und damit die Zusammenlegung der Förderkredite, und damit eine Aufhebung der einzelnen Sparten und deren Kommissionen in eine sehr grosse Kommission einem sog. Expert:innen-Pool, erachten wir als nicht zielführend und völlig widersprüchlich zu der obenerwähnten Forderung nach Diversität.
Die Diversität ist unserer Auffassung nach eine grundlegende Qualität, die erreicht wird, indem die Sparten-Kommissionen möglichst divers in den einzelnen Disziplinen aufgestellt sind, um z.B. die visuellen Künste betreffend, Video, Malerei, Installation, Performance, Sound oder konzeptuelle Projekte, sorgfältig beurteilen zu können und genau dort Diversität zu fördern.
In den visuellen Künsten sind Kommissionsmitglieder bereits heute gefordert, den breiten Fächer an Disziplinen zu beurteilen. Dafür braucht es Expert:innen-Wissen über die aktuelle künstlerische Landschaft und über disziplinspezifisches Wissen. Wenn jetzt im Zusammenschluss der Sparten durch eine grosse Kommission beurteilt wird, fördert das gerade das «Gartendenken», was die neue Kulturstrategie eigentlich vermeiden will. Wenn pro Disziplin zwei aus den Fachjurys gewählt werden und es sind dann insgesamt 12 von 14 Expert:innen, die disziplinfremde Dossiers beurteilen, verteidigen die Expert:innen ihre Disziplin, und die Qualität für eine Beurteilung wird erheblich leiden. Es ist also unseres Erachtens sinnvoll, die heutige Praxis mit den Spartenkommissionen beizubehalten, auch wenn zukunftsweisend die Grenzen fliessender werden. Um dieser Tendenz gerecht zu werden, regen wir an, einen Förderpool speziell für interdisziplinäre Projekte einzurichten, weil so ein grösserer Fächer von disziplinübergreifenden Projekten Möglichkeiten der Förderung erhalten.
Wir regen an, gewünschte Schwerpunktthemen vom Gemeinderat mit zusätzlichen Pools und Ausschreibungen umzusetzen. Damit ist gewährleistet, dass die Kulturschaffenden wählen können, ob sie zu diesen Schwerpunkten ein Projekt entwickeln wollen und damit ist die künstlerische Freiheit gewährleistet. Die inhaltliche Substanz in Projekte ist mit den aktuellen Spartenkommissionen gegeben und die spartenspezifischen Projekte unterstehen keinem Zwang. Transdisziplinäre Projekte werden heute schon im Austausch mit anderen Spartenkommissionen beurteilt, dafür braucht es keine umfassende Reorganisation, welche viele Ressourcen verbraucht.
Dass Kürzungen in der Kultur anstehen, bedauern wir grundsätzlich. Gerade im Hinblick auf die Pandemie und die prekären Lebenshaltungen von Kunstschaffenden per se, setzt eine weitere Kürzung die Künstler:innen noch mehr unter Druck.
Zusammenfassend:
Es gibt einige Punkte, die wir als Berufsverband der visuellen Künste begrüssen, wie die konsequente Regelung von Sozialversicherungen, die Förderung von Initiativen für Dienstleistungsangebote im Bereich Management für Künstler:innen. Die Ziele insbesondere die, der Nachhaltigkeit, der, Diversität, der Diskriminierungsfreiheit, Chancengerechtigkeit und der sozialen Sicherheit
unterstützen wir. Wir regen an, Förderpools für interdisziplinäre Projekte und für die Förderung von Schwerpunktthemen nach Wünschen des Gemeinderats einzurichten. Mit diesen zusätzlichen Instrumenten kann die Kulturförderung der Stadt Bern agil auf zeitgemässe Anliegen reagieren und gleichzeitig Qualität wahren. Wir plädieren für den Erhalt der Spartenkommissionen und den entsprechenden Krediten und abzusehen von einer Zusammenlegung der Sparten gemäss unseren Ausführungen oben.
Unseres Erachtens hat die vorliegende Kulturstrategie grossen Diskussionsbedarf. Wir würden es sehr begrüssen, die kritischen Punkte gemeinsam mit den betroffenen Kulturschaffenden und der Kulturabteilung diskutieren zu können und so die Vision von Kultur Stadt Bern besser zu verstehen und im Dialog auch unsere Anliegen besser verständlich machen zu können. Wir unterstützen hier auch die ausführliche Stellungnahme vom «Kollektiv Bern».
Visarte Bern
Im August 2022
Cantonale Berne Jura
Die Cantonale Berne Jura als wichtiges Schaufenster des Bernischen Kunstschaffens ist wiederkehrend Anlass für Rückmeldungen von Kunstschaffenden. Wir suchten daher im Rahmen eines Gesprächs den Kontakt mit den Verantwortlichen der Cantonale Berne Jura, um Grundlegendes zu erörtern und zu besprechen. Es wurde festgestellt, dass die neun Häuser oder Ausstellungsstandorte während der Ausstellung sehr gut besucht sind. Während der Cantonale schlägt die Kantonale Kunstkommission Werke zum Ankauf vor.
Da der Aufwand für die Kunstschaffenden, teilweise bedingt durch lange Anfahrtswege und unterschiedliches Kunstgut, gross ist, stellt sich die Frage nach einer fairen Entschädigung der Fahrspesen. Die Geschäftsleitung Cantonale Berne Jura und Visarte Bern sind mit dem Anliegen für eine Spesenentschädigung für ausstellende Kunstschaffende an den Kanton Bern gelangt und waren erfolgreich. Seit der Cantonale Berne Jura 2020/21 stehen entsprechende finanzielle Mittel bereit.