Ursi Lysser

Ursi Lysser – «Titel»

Interview mit Ursi Lysser

1. Hat die Pandemie – Situation einen Einfluss auf dein Schaffen?
In der ersten Welle hat es mich nicht stark beeinflusst. Ich hatte ein neues Atelier bezogen und war im Begriff, es für die Zeit nach meiner Pensionierung einzurichten. Ich wollte mit den grossen Workshops und Kursen runterfahren und nur noch Privatunterricht geben. Obwohl das ganze Land runtergefahren wurde, konnte ich jeden Tag ins Atelier gehen. Durch die erzwungene Ruhe konnte ich mich besser mit meiner Arbeit auseinandersetzen und in einen Dialog treten. Ich hatte alle Zeit der Welt. Dadurch haben sich mein Blick und meine Gedanken verändert. Ich höre nun mehr auf meine innere Stimme und lasse mich führen. Dies hat auch für mich neue Türen geöffnet.

2. In welcher Weise prägen tages-, gesellschafts- und wirtschaftspolitische Themen dein Schaffen?
Ich denke nicht, dass mich diese prägen. Ich bin politisch überhaupt nicht aktiv und konzentriere mich mehr auf mein näheres Umfeld. Natürlich interessiert mich, was in der Schweiz passiert, lasse es aber nicht in meine Arbeiten einfliessen.

3. Wie definierst du deinen Beruf als Künstlerin?
Ich schöpfe meine Kreativität aus meinem Leben; was mich und meine Familie/Freunde beschäftigt. Ich gehe ins Atelier und lass mich einfach treiben. Das Malen mit Wachs und Feuer ist so weitläufig, dass ich manchmal gar nicht weiss, wo beginnen.
Wenn ich nicht male oder einen Auftrag habe, probiere ich gerne Neues aus, räume auf oder lese eines meiner Lieblingsbücher. Ich habe etwas Neues gesucht, in welchem ich meine Neugier zu „pröbeln“ ausleben konnte. Als ich die Enkaustik Malerei entdeckte, war ich „hooked“ süchtig. Für mich ist wichtig, eine Reaktion bei den Betrachtern auszulösen. Die Serie Stranger I – V befasst sich mit meinem Leben als Ausländerin in der Schweiz und im Ausland. Als Italienerin mit Schweizerischem/ Deutschem Hintergrund, in der Schweiz aufgewachsen, in England und Saudi Arabien gelebt, hat mir gezeigt, dass ich mich anpassen musste. Dies habe ich nicht nur im täglichen Leben, sondern auch körperlich gemerkt. Egal wo ich bin oder war, ich habe immer das Gefühl, ich passe nicht rein, gehöre nicht dazu. Die Büsten sind von der Form her alle gleich, trotzdem ist jede anders.

4. Wo siehst du die Aufgaben der Kunst im gesellschaftlichen Kontext?
Für mich ist die Kunst eine Ausdrucksform. Sie sollte die Betrachtenden faszinieren, fesseln und die Welt um sie herum für eine kurze Zeit vergessen oder in den Hintergrund treten lassen. Sie soll die geistige und künstlerische Kreativität freilegen, animieren und wenn möglich in eine nicht reale, sondern künstlich geschaffene Welt entführen und dort faszinieren.

5. Wie wichtig sind öffentliche Reaktionen für dich und dein Schaffen?
Ich sammle keine likes, aber ehrliche Bemerkungen/Meinungen bringen mich weiter oder spornen mich an. Ich kann das Rad nicht neu erfinden, aber ich kann versuchen, es besser zu machen. Gegen Ende des lockdowns habe ich mich vermehrt mit den Medien beschäftigt und meine Homepage neu gestaltet. Die Interaktion mit gleichgesinnten Kunstschaffenden ist mir enorm wichtig und spornt mich an, wobei die Zusammenarbeit mit Vereinen ganz an erster Stelle steht.

6. Welches ist dein persönliches Highlight in diesem besonderen Jahr 2020?
2020 hat sich meine harte Arbeit in verschiedenen Highlights gezeigt.
Ich erhielt ein Stipendium der „International Encaustic Association“ in den USA, welches leider dem Virus zum Opfer fiel.
Zum ersten Mal wurden Arbeiten von mir in einem Online Magazin veröffentlicht.
In Zusammenarbeit gründete ich die erste Europäische Encaustic Künstlergruppe
und auch in Zusammenarbeit wurden wir aus Amerika angefragt, bei einem überquerenden Online Magazin USA – Europa mitzuorganisieren. Dies alles erfüllt mich mit grosser Zufriedenheit und auch ein bisschen Stolz.


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Büsten, Gipsbänder mit Bienenwachs, Damar Harz, Stoff, Ölfarbe und Pigmente in Holzrahmen mit Gitterhintergrund, 32 x 44 x 12 cm

Eine von fünf Büsten, die Menschen repräsentieren, die ihre Heimat aufgrund von veränderten Lebensumstände verlassen mussten. Aber oft sind sie nicht willkommen. Ich hoffe, mit meinen Skulpturen, Menschen zu ermutigen, offen für andere zu sein.


Weitere Werke und Kontakt

Ursi Lysser unter www.ursilysser.com



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